Heute mal ein etwas anderer Beitrag, den ich während unserer Zeit in Los Coihues auf dem Campingplatz geschrieben habe.

Unser zu Hause „das Hostelito“

„Ich gehe ins Wasser und spüre die spitzen Steine unter meinen Füßen. Jedes Mal eine ganz schöne Wackelpartie die 100m in und wieder aus dem See zu laufen. Das Wasser ist wärmer als ich erwartet habe aber an diesen heißen Tagen definitiv eine Erfrischung. Die Sonne steht schon recht tief am Himmel, es ist früher Abend – es wird aber sicherlich noch eins zwei Stunden dauern bis sie ganz weg ist. Sie taucht die sowieso schon wunderschöne Landschaft in goldgelbes Licht und wärmt sanft meinen Rücken. Trotzdessen oder vielleicht auch gerade deswegen sind noch einige Menschen am Strand und genießen die letzten Stunden des Tages. Neben Hundegebell und dem Kreischen der Vögel, das man Tag und Nacht hier hören kann, höre ich Kinder und Erwachsene reden und lachen. Ein ganz normaler Nachmittag am See halt. Die Berge sind in sanftes goldenes Licht getaucht und wieder einmal denke ich, wie wunderschön ein Ort eigentlich sein kann. Der See „Lago Guiterrez“ ist umgeben vom Gebirge. Goldbraun thronen die Berge ringsherum. Besonders markant sind die Spitzen im hinteren Teil des Sees. Schwierig zu beschreiben, aber sehr markant stechen die drei, wie einzelne Türme heraus.

Endlich, das Wasser reicht mir bis zur Hüfte. Ich tauche ins Wasser und mache die ersten Schwimmzüge. Kalt und erfrischend umspielt es meinen Körper – genau das, was ich gebraucht habe. Ich lasse die letzten vier Wochen revue passieren, während ich ruhig in den See hinausschwimme. Wie oft bin ich hier vorbeigelaufen und habe jedes einzelne Mal die Schönheit dieses Ortes bewundert. Wie oft saß ich am Ufer oder war mit den anderen in dem kleinen Fluss, der durch unseren Campingplatz fließt, baden. Wie oft saß ich auf der kleinen Insel des Flusses – allein oder in Begleitung – habe Sterne beobachtet, nachgedacht oder Tagebuch geschrieben. Wie oft habe ich Klos und Duschen geputzt, Wasser und anderen Hinterlassenschaften aufgewischt, Müll sortiert und mich mit den anderen über die „Toiletten des Tages“ unterhalten.

Die Zeit hier verging wie im Flug. Wir sind doch gerade erst so richtig angekommen. Wir waren uns doch gerade noch sicher hier keine vier Wochen auszuhalten – zu chaotisch und unorganisiert erschien uns alles. Jetzt sind wir sogar fünf Tage länger geblieben, da wir uns in Ort und Leute einfach verliebt haben. Auch wenn ich es normalerweise nicht empfehlen würde, für hier aber definitiv ein super Tipp: nicht zu viel zu hinterfragen und manche Dinge (z.B. Mülltrennung und die Orte an denen manche Menschen ihre Geschäfte verrichten) einfach zu akzeptieren. Dann lässt sich hier leicht ein zu Hause finden. Man möchte meinen in fünf Wochen hat man unglaublich viel Zeit die Umgebung kennenzulernen und die Gegend zu erkunden. Hat man auch, wenn man nicht so gern auf dem Campingplatz chillen würde… Umgeben von unglaublich schöner Natur in Los Coihues, einem kleinen Stadtteil von Bariloche indem es kaum Straßenbeleuchtung und nur Schotterstraßen gibt, die dem Ort aber einen besonderen Charme verleihen, in einem Camp mit Fluss, kleiner Insel, ohne festvorgegebene Stellplätze, bunt angemalten Gebäuden und wunderbaren Menschen fühlt man sich einfach wohl.

Dann reicht es einem auch die Zeit nach oder vor der 5-stündigen Arbeit zum Spiele (vorzugsweise Truco) spielen, lesen, Spanisch lernen oder einfach Mate trinkend mit den anderen am Fluss zu chillen zu nutzen und abends am Feuer oder tanzend in der Küche die Zeit zu verbringen. Ich habe in dieser kurzen Zeit die verschiedensten und unglaublichsten Menschen kennengelernt. Wir haben viel zusammen gelacht und haben trotz der Tatsache, dass uns einiges (nicht nur Alter, Herkunft und Sprache) unterschied, wie eine Familie im Hostelito zusammengelebt und gemeinsam beim Kloputzen gelitten ;)). Ich werde diese Zeit definitiv nicht vergessen, da ich auch viel Zeit zum reflektieren und nachdenken hatte.

Langsam wird das Wasser tiefer und das Ufer ist schon Recht weit weg. Ich drehe um und kehre langsam an den Strand zurück. Ich mache einen letzten Zug unter Wasser und genieße die kühle Erfrischung bevor ich mich wackelig an den Strand zurücktaste, wo mein Handtuch hängt. Ich nehme mir meine Sachen und laufe den kurzen Schotterweg zurück zum Camp und denke nocheinmal daran wie verrückt es ist, dass sich ein Ort in so kurzer Zeit zu einem zu Hause entwickeln und wie schnell man eine Sprache einigermaßen erlernen kann. Es wird verdammt schwer morgen die Sachen zu nehmen und weiterzureisen. Dennoch freue ich mich schon auf unsere Abenteuer mit Cedric Zelt ;))“

Mittlerweile ist morgen schon gestern… Es war tatsächlich hart. Wenn nicht sogar härter als erwartet. Ich habe viel geweint und meine Reiselust ist heute immer noch nicht komplett zurück. Was definitiv nicht verwunderlich ist, da wir eine unglaubliche Zeit hatten und so viele unglaubliche Menschen kennen- und liebengelernt haben. Man könnte über unsere Zeit definitiv ein Jugendbuch über Sommerferien in einem Camp schreiben. Vielleicht werde ich das ja tatsächlich irgendwann Mal tun ;)).

Gestern sind wir nach El Bolsón gereist, wo wir uns heute genug Zeit genommen haben, um alles etwas zu verarbeiten. El Bolsón ist definitiv sehr schön und sehenswert. Ein kleiner Hippieort im Tal und damit komplett umgeben von hohen Gipfeln. Für uns ist es morgen aber schon wieder Zeit weiterzureisen in der Hoffnung unterwegs Ablenkung und die Reiselust wiederzufinden…